Kästner Optik ist ein alt eingesessenes und erfolgreiches Optikergeschäft in Herzen Stuttgarts im Königsbau am Schlossplatz. Aufgabe war es, durch den Umbau des ersten Obergeschosses der Kernkompetenz eines Optikers, also der Arbeit rund um das menschliche Auge, einen neuen Rahmen zu geben. Zur zunehmenden Wahrnehmung des Optikers als Style-Berater bei der Wahl der Brillenfassung sollte hier ein klares Gegengewicht gesetzt werden. Im neuen Sehzentrum soll in einer klaren, Präzision vermittelnden Atmosphäre die optometrische Arbeit stattfinden sowie in der entspannten Atmosphäre des After-Sale-Gesprächs eine noch stärkere Kundenbindung erreicht werden. Nicht zuletzt soll durch die Umbaumaßnahme der Anspruch, eines der führenden Optikfachgeschäfte der Stadt zu sein, weiter gefestigt werden.
Im neuen Sehzentrum werden zwei unverwechselbare Key Visuals herausgearbeitet: Der beeindruckende Ausblick durch die Kollonaden des Königsbaus auf den Schlossplatz sowie eine mit vier Meter Durchmesser übergroße blaue Iris an der Decke. Das Auge an der Decke setzt nicht nur das Thema des Raums, sondern ist auch ein weit sichtbares Signal. Während von innen durch einen Spiegel im Treppenhaus bereits im Erdgeschoss ein spannender Ausschnitt der Decke des Sehzentrums neugierig macht, bietet die hinterleuchtete Iris in den Abendstunden von außen einen aufmerksamkeitsstarken Hinweis auf das Optikfachgeschäft.
Der Raum wird in zwei Richtungen aufgespannt. Durch das Abrunden der oberen Raumkanten sowie der sich plastisch nach außen wölbenden Iris entsteht eine Art Tunneleffekt, der den Ausblick inszeniert. Der Blick wird nochmals durch zwei vor den Fenstern platzierte Rahmen gefasst und gleichzeitig dem Raum ein Abschluss gegeben. Ein kammartig hinterleuchtetes Regal am Treppenaufgang sowie die dahinter liegende Polsterung der Längswand unterstützen diese Bewegung. Zum anderen orientiert sich der Raum auf die gegenüberliegende Glaswand, hinter der die mehr technischen Refraktionsräume sowie die Kontaktlinsenanpassung liegen.
Der Hauptraum ist in vier Bereiche gegliedert, die durch kubische Möbel besetzt werden. Gleich links vom Aufgang wird das, neben Brillen, klassische Angebot eines Optikers präsentiert: Ferngläser, Lupen und andere Sehhilfen. Rechts der Treppe präsentiert eine in der Wand eingelassene Vitrine in einer Art Museum ausgefallene Brillenfassungen aus der Sammlung des Eigentümers Henning Hüppauff. Gleich daneben bietet ein höhenverstellbarer Tisch die Möglichkeit zu analogen Messungen am Auge. An der Außenfassade schließlich findet in fast loungeartiger Atmosphäre die eigentliche Anpassung an. Eine Video-Stele nimmt den Kunden mit seiner neuen Brille auf. Das Auge wird so gleich ausgemessen und der Kunde hat die Möglichkeit, sich noch einmal mit seiner neuen Brille in Bild und Video auf dem Bildschirm zu sehen. Neue Technik wird ganz bewusst als Kompetenzbeweis inszeniert. Während des Gesprächs schaut der Kunde auf die weiß gepolsterte Wand und über den Mitarbeiter hinweg auf eine Videoinstallation auf drei Bildschirmen. Augen wechselnder Menschen verschiedenen Geschlechts und Alters schauen in den Raum, aus dem Fenster, sind mal ganz ruhig oder kommunizieren sehr lebhaft miteinander.
Das Farbklima des Raums wird im Wesentlichen durch die Iris bestimmt. Das Blau des Auges wird von einem wasserblauen Epoxydharzboden erwidert. Dem kreisförmigen Auge an der Decke entspricht ein in den Boden eingelegter Strahlenkranz aus Aluminiumprofilen. Dieses Motiv findet sich bereits im Treppenhaus, wo es die Kunden vom der Verkaufsfläche im Erdgeschoss zum Sehzentrum im Obergeschoss leitet. Das Mobiliar ist in zwei verschieden Beigetönen lackiert; ein grüner Streifen an der Kante der Rahmen an der Fassade verstärkt noch einmal die Wirkung dieser Elemente und leitet den Blick auf das Grün des Schlossplatzes. Die Atmosphäre ist gleichzeitig konzentriert und entspannt.
Die Glasfassade zu den Refraktionsräumen ist mit einer Textinstallation des Berliner Künstlers Bruno Nagel belegt. Ein fragmentierter Textstrom beleuchtet aus den Blickwinkeln der Poesie, Naturwissenschaft, Geschichte und Theorie die Arbeit des Optikers. Das Textfeld ist einerseits Sichtschutz für die dahinter liegenden Räume als auch Zeitvertreib für wartende Begleiter.
Die konzentrierte Atmosphäre wird in den Refraktionsräumen noch weiter zugespitzt. Das Farbklima wird auf weiß und grau reduziert. Der Boden wechselt zu Linoleum, das sich zu Rückwand und Decke entwickelt und so den Räumen zum einen Geborgenheit gibt, zum anderen aber auch eine klare Fokussierung zur Projektionswand herstellt.
In den Abendstunden bietet die hinterleuchtete Irisvon außen einen aufmerksamkeitsstarken Hinweis auf das Optikfachgeschäft.
Neue Technik wird hier ganz bewusst als Kompetenzbeweis inszeniert.