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Die Betriebs­gastronomie ist ein wichtiges Asset für das Arbeiten im Büro

Markus Schmidt im Interview mit der gvpraxis

© ChatGPT/DALL·E

Viele Betriebe sind heute nur an zwei oder drei Tagen richtig voll. Wie kann man eine Kantine oder ein Betriebsrestaurant so planen, dass sie sich trotzdem rechnet – und dabei gut aussieht und funktioniert?


Heute stehen viele Unternehmen vor der Frage, wie sie es schaffen, ihre Mitarbeitenden aus dem Homeoffice ins Büro zu locken. Eine gute gastronomische Verpflegung ist dabei ein wichtiges Argument, für das viele freiwillig in die Firma kommen. Ein weiteres Thema ist die Nutzung der gastronomischen Flächen über die klassischen Essenszeiten hinaus. Hier gilt es, die meist sehr großen Flächen ganztägig zu aktivieren. Eine Option ist die Öffnung der Gastronomie für die Öffentlichkeit. Ein Beispiel ist unser Restaurant „La Visione“, das wir für den Teppichhersteller Object Carpet gestaltet haben. Tagsüber ist es für die Mitarbeitenden Betriebsrestaurant und Co-Working-Space und abends ein beliebter „Italiener“, Weinbar und Veranstaltungsort. Das Konzept, das wir lange vor Corona entwickelt haben, ist mittlerweile vielfach preisgekrönt und wurde in aller Welt publiziert. Alle genannten Aspekte rechtfertigen aus unserer Sicht die Investition in attraktive Betriebsrestaurants und Cafeterien.

 

Wie wichtig ist die Gastronomie als Ort der Begegnung in modernen Arbeitswelten? Und wie kann man diesen Treffpunkt am besten gestalten – auch wenn nicht alle jeden Tag da sind?


Die gastronomischen Bereiche eines Unternehmens sind die zentralen Kommunikations­plattformen jenseits der Meetingräume. Die Gestaltung der Aufenthalts­bereiche sollte dabei möglichst viele Szenarien berücksichtigen: vom intimen Gespräch am Zweier­tisch über die lange Tafel bis zum Ort für kleinere wie größere Veranstaltungen. Eine intelligente Zonierung und flexibles Mobiliar sind hier die ersten Zutaten. Dabei geht es nicht nur darum, Stühle zur Seite zu räumen. Mit mobilen Raum­teilern lassen sich Flächen je nach Bedarf in der Größe skalieren und sorgen je nach Anlass für die entsprechende Atmosphäre. So funktioniert das Betriebs­restaurant auch für ein Townhall-Meeting der ganzen Firma und ist aber genauso für den Plausch bei einem Kaffee am Nachmittag der passende Ort.

Was heißt „New Work“ für die Planung von Büro und Gastronomie? Welche Konzepte passen zu hybriden Arbeitsmodellen – also zu einer Mischung aus Homeoffice und Büro-Präsenz?


Wie schon gesagt: Betriebs­gastronomie findet nicht im Home­office statt, sondern ist ein wichtiges Asset für das Arbeiten im Büro. Die Angestellten wissen ein hoch­wertiges gastronomisches Angebot zu schätzen – und es ist ein Argument bei der Suche nach den besten Fach­kräften. So lässt einer unserer Kunden seine Betriebs­gastronomie von einem Sterne­restaurant betreiben – ein Alleinstellungs­merkmal im Kampf um die in der Region heftig umworbenen IT-Spezialisten.
Als „New Work“-Angebot funktioniert das Betriebs­restaurant vor allem durch seine Aufenthalts­qualität außerhalb der Essens­zeiten. Hier gibt es ggf. den Kaffee aus der Siebträger­maschine und nicht aus dem Automaten wie auf der Etage. Hier ist die Atmo­sphäre einladend und vielleicht sogar wohnlich, so dass man seinen Laptop lieber in der Cafeteria als am Schreib­tisch aufklappt. Hier findet man Rückzugs­orte genauso wie kommuni­kative oder kollabora­tive Umgebungen. Gerade für den ungezwungenen Aus­tausch oder die Entwicklung von kreativen Ideen bieten solche Möglichkeits­räume häufig das richtige Ambiente. Ein Beispiel dafür ist das Working Café bei Beiersdorf, ein beliebter Treff­punkt, an dem man den ganzen Tag über auch Menschen bei der Arbeit antrifft.

Heute läuft vieles digital: Vorbestellung per App, Self Checkout, smarte Technik. Wie schafft man es, dass dabei trotzdem ein gastliches Gefühl bleibt – also mehr Restaurant als reine Ausgabe?


Digitale Workflows und smarte Technik erlauben schnellere Prozesse und eine effiziente Planung der Ressourcen. Daneben bieten sie aber auch den Mitarbeitenden einen echten Mehrwert, indem sie helfen Warte­zeiten zu verhindern. Es bleibt also mehr „time to eat“ und mehr Netto-Zeit zur Erholung.
Dass sich System­gastronomie weitest­gehend unsicht­bar machen kann, zeigen wir bei zwei Projekten. Das „Campus Garden“ auf dem Bildungs­campus der Schwarz-Stiftung in Heil­bronn ist tagsüber eine hoch­wertige Mensa-Alternative. Für den Restaurant­betrieb am Abend und am Wochen­ende werden Kühl­vitrinen und Getränke­automaten hinter elektrischen Roll­läden verborgen. Im Restaurant der Wack Group verschwindet die Geschirr­rückgabe hinter einer Schiebe­wand und Filter verdecken den Blick in den Küchenbereich.

Wie wichtig ist es, die späteren Nutzer – also Mitarbeitende oder Gastro-Teams – in die Planung einzubeziehen? Und wie klappt das am besten aus Ihrer Erfahrung?


Die Planung von Arbeits­welten starten wir am liebsten mit Work­shops, die Auftrag­geber wie dessen Angestellte in den Gestaltungs­prozess mit einbinden. Dabei eruieren wir, wie und wo diese in Zukunft arbeiten wollen und was für Orte sie sich dafür wünschen. So lässt sich frühzeitig erkenne, ob bestimmte Anforderungen an Kommunikations­bereiche in die gastronomischen Flächen integriert werden und die Flächen effizienter genutzt werden können. Und auch die Frage, ob Curry­wurst oder lieber veganes Schnitzel, kann hier diskutiert werden. Außerdem sind Vorort-Besuche bei unseren Referenz­projekten häufig echte Augen- und Tür­öffner. Und natürlich ist eine enge Zusammen­arbeit mit dem Betreiber der Gastronomie die Voraussetzung für funktionierende Abläufe. Hier spielt das gastromische Betriebs­konzept eine große Rolle, z.B. damit die Fach­planung der Küchen­technik den richtigen Ort für den Pizza­ofen findet.

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