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Ein Büro, das Heimatgefühle weckt

Was gut für den Mitarbeiter ist, ist auch gut fürs Unternehmen

Vor den Toren Münchens erfindet die Rock Capital Group gerade die Zukunft des Büros neu. Das Immobilienprojekt heads setzt dafür nicht nur auf New-Work Arbeitsflächen. Zentrale Themen sind vielmehr Aufenthaltsqualität und Gesundheit. Die Idee: Wenn sich Mitarbeiter wohler fühlen und gesünder sind, können sie besser arbeiten. Gesundheit wird nach knapp zwei Jahren Corona-Pandemie nicht nur über die Luftqualität definiert, sondern auch über die Frage, wie Mitarbeiter Arbeitsalltag und Leben perfekt und stressfrei miteinander verbinden können. Die Innenarchitektur leistet einen wichtigen Beitrag. Das Design der Atrien stammt aus der Feder der renommierten und preisgekrönten Ippolito Fleitz Group, die weltweit interdisziplinäre Projekte umsetzt. Ein Gespräch mit Gunter Fleitz über Instinkte, Material und Büros als Heimat.

Welchen Einfluss hat die Gestaltung von Büroflächen auf das Wohlbefinden?

Einen ganz entscheidenden. Je wohler sich Mitarbeiter fühlen, desto besser arbeiten sie. In diesem Bezug hat ein Umdenken eingesetzt. Früher war die Devise bei der Gestaltung von Bürogebäuden oft: Hauptsache Corporate Design. Mittlerweile erkennen immer mehr Unternehmen, dass der Mensch im Mittelpunkt stehen muss. Das heißt, dass es nicht ausreicht, die Wände in den Unternehmensfarben anzustreichen – davon fühlt sich keiner plötzlich wohl. Stattdessen gilt es, Räume zu schaffen, in denen gut und gerne gearbeitet werden kann. Unternehmen wissen heute: Was gut für den Mitarbeiter ist, ist auch gut fürs Unternehmen.

Wie gelingt es, dass sich Mitarbeiter wohlfühlen?

Das Büro muss ein Ort sein, der begeistert. Die Mitarbeiter sollen stolz auf ihr Arbeitsumfeld sein, dann verbringen sie auch gerne Zeit dort. Stellen wir uns das Büro als eine Heimat vor: als einen Sehnsuchtsort, aber auch als einen Ort mit Reibungsfläche. Unternehmen muss es gelingen, einen solchen Ort der Begehrlichkeit zu schaffen. Das ist nach der Pandemie und dem Aufkommen des Home-Offices wichtiger denn je.

Welche Rolle spielt die Gestaltung von Räumen für unser Verhalten?

Verhaltensweisen werden von räumlichen Anstößen geprägt. Ein ganz einfaches Beispiel: Wenn es einen attraktiven informellen Treffpunkt gibt – eine Lounge, einen Stehtisch – an dem ich immer wieder vorbeilaufe, dann werde ich automatisch öfter dort stehenbleiben und mit Kollegen ins Gespräch kommen. Allein, dass ein solcher Ort vorhanden ist, beeinflusst also mein Verhalten. Dieser Austausch ist aber bei Weitem kein Privatvergnügen. Das informelle Zusammenkommen führt zu schnelleren Entscheidungen und dazu, dass Mitarbeiter aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen ins Gespräch kommen. Orte, an denen man unkompliziert kommunizieren kann, tragen also zu einer schnelleren und ganzheitlichen Entscheidungsfindung bei.

Unser Claim ist Creating Success. Also einerseits leben wir für schönes, perfektes Design. Andererseits soll das auf einer Strategie basieren, die schnurstracks zum Erfolg führt.
Gunter Fleitz

Wie sollten Büros demnach gestaltet werden? Brauchen wir mehr Stehtische oder informelle Orte?

Die Gestaltungsfrage ist im Kern ganz einfach: Büros von morgen sollten entlang der Bedürfnisse der Mitarbeiter konzipiert sein. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem Laufweg, an dem immer wieder Kollegen vorbeikommen. Keiner fühlt sich wohl, wenn man nicht weiß, wer hinter einem vorbei geht und wer auf den Monitor schaut. Selbst wenn man da nur für eine Stunde sitzt. Das ist das Gegenteil von Geborgenheit. Mitarbeiter sollten das Gefühl haben, dass der Raum für den jeweiligen Moment ganz ihnen gehört. Dafür braucht es Schutz und Identifikation. Aneignung – also der Aufbau einer Beziehung zu Dingen oder einer Umgebung – ist ganz wesentlich in Momenten der Verunsicherung.

Die Auflösung fester Arbeitsplätze, also das non-territoriale Arbeiten, ist gerade in aller Munde. Ist in solchen Arbeitswelten Sicherheit und Geborgenheit überhaupt möglich?

Die Diskussionen um shared desks und haben gezeigt, dass die Aneignung von Plätzen ein sehr kritisches Thema ist. Dabei geht es nicht allein um Laufwege und das Innendesign, Geborgenheit lässt sich architektonisch auch in offenen Landschaften sehr gut herstellen. Es geht in meinen Augen um etwas anders: Mitarbeiter dürfen nicht das Gefühl haben, dass sie austauschbar sind, dass ihr Platz im Unternehmen sinnbildlich von jedem ausgefüllt werden kann. Sie müssen sich überall wertgeschätzt und beheimatet fühlen, das hilft dem Wohlbefinden und dem Aktivitätslevel. Beim non-territorialen Arbeiten darf nie die Effizienz im Vordergrund stehen, sondern das Bedürfnis der Mitarbeiter. Es müssen Orte geschaffen werden für die jeweiligen Tätigkeiten und Anforderungen, die meist von Austausch und Kommunikation geprägt sind. Shared desks ergibt bei einigen Tätigkeiten gar keinen Sinn. Warum sollte man diesen Mitarbeitern ihre Orten nehmen?

Fließt das Thema Gesundheit bei Ihrer Arbeit direkt in die Gestaltung ein oder ist Gesundheit am Arbeitsplatz eher ein Zufallsprodukt?

Gesundheit ist ein ganz wichtiges Element, das wir gerne einbringen. Viele Kunden öffnen sich dem Thema. Das große Thema, das darübersteht, ist jedoch die Weiterentwicklung der Work-Life-Balance. Das verändert sich gerade elementar. Wir arbeiten nicht mehr nur im Büro, sondern auch Zuhause. Work und Life vermischen sich. Es braucht ein gesundes Umfeld – nicht nur im Headquarter oder in dezentralen Hubs oder im Zuhause, sondern insgesamt. Ein Unternehmen ist dann erfolgreich, wenn es die Gesundheit der Mitarbeiter an verschiedenen Orten erhält. Ohne zu differenzieren zwischen Arbeiten und Leben. Gestalter sind verantwortlich, einen Beitrag zu leisten, dass Mitarbeiter gesund sind.

Wie kann das konkret aussehen?

Es geht etwa um die Frage, ob ich während der Mittagspause den Lebensmitteleinkauf gut und ohne Stress erledigen kann. Im heads gibt es dafür Kühlboxen. Oder habe ich einen unglaublichen Aufwand damit, mein Kind am Morgen am anderen Ende der Stadt in den Kindergarten zu bringen. Im heads gibt es eine Kita. Nehmen wir als drittes Beispiel Sportmöglichkeiten: Mit dem richtigen Bürogebäude müssen Gesundheit und Wohlbefinden nicht mehr nach Orten getrennt werden. In guten Bürogebäuden kann ich meinen Lebensstil integrieren – das hält wiederum gesund.

Wie kann es Unternehmen und Architekten darüber hinaus noch gelingen, gesündere Arbeitsplätze zu schaffen?

Das Material und die Frage nach dessen Herkunft und Lebenszyklus, das Sourcing, ist ein wichtiger Baustein. Ob Haptik oder Hygiene: Material muss leicht zu reinigen sein und. Die Materialauswahl wird immer wichtiger und muss nachhaltigen und bauökologischen Ansprüchen gerecht werden.

Laut Studien leiden 30 Prozent unter Materialien in Büros, die sie krank machen. Ist das Vergangenheit oder wird immer noch viel verbaut, was da nicht hingehört?

Wenn wir neue Kunden besuchen, sehen wir manchmal große Unternehmen mit Einrichtungen aus den 60ern. Bürogebäude mit langen Gängen und Bürozellen, grauen Aktenordnern, verschanzten Mitarbeitern. Keine Begegnung, kein Austausch. Vereinzelung: So etwas macht krank. Das hängt also nicht nur vom Material ab.

Was macht einen Arbeitsplatz neben Abwechslung noch gesünder?

Unbedingt die Raumakustik, also die Nachhallzeiten und damit die Sprachverständlichkeit. Das muss an die Raumgröße und die Anzahl der Mitarbeiter angepasst werden – eine große Herausforderung, gerade wenn die Büros wie seit der Pandemie unterschiedlich voll sind. Akustik ist entscheidend für das Wohlbefinden: Ich möchte nicht, dass jedes Wort von mir im ganzen Büro zu hören ist.

Sie beschäftigen sich neben der Akustik viel mit Licht.

Wichtig ist, dass nicht ein Lichtsee die Mitarbeiter den ganzen Tag gleichmäßig bescheint. Besser sind individuelle Lichtszenen, bei denen der Mitarbeiter zudem das passende Licht nach Stimmung wählen kann. Das geht bis hin zum human centric lighting. Bei einem tiefen Raum wird dann der Tageslichtverlauf nachempfunden. Auch mit künstlichem Licht können Mitarbeiter natürlicher arbeiten. Bei einigen Projekten haben wir Lichtduschen eingebaut. Gerade an trüben Wintertagen können die Mitarbeiter dort Licht tanken – und mehr Energie bekommen.

Es braucht einen Mix aus gelungener Beleuchtung und einem schlüssigen Materialkonzept und Raumakustik. Das macht in Summe Wohlfühlen und Gesundheit aus?

Es ist nie die Konsequenz aus nur einem Faktor. Zudem ist Gesundheit bei Gebäuden eine individuelle Frage, da jedes Objekt anders ist und andere Voraussetzungen mitbringt. Was an Fahrt gewonnen hat, ist das Thema Raumklima. Durch die nachhaltigen Konzepte ist es heute nicht mehr die Klimaanlage, die zu extrem eingestellt wird und Mitarbeiter krank macht. Gemeint sind gute Raumkonzepte mit gutem Luftwechsel. Wichtig ist zudem die Luftfeuchte. Wir hatten ein Projekt, bei dem die Mitarbeiter viele Atemwegsinfekte hatten, weil die Raumluft zu trocken war. Dort haben wir 3.000 Pflanzen untergebracht, damit ist die Luftfeuchte von knapp 20 Prozent auf 50 Prozent gestiegen – ohne etwas an der Haustechnik zu verändern. Die Krankheitsrate hat sich um die Hälfte reduziert. Das Stichwort lautet Biophilic Design: Die Menschen tanken Energie über die Pflanzen und das tut ihnen gut. Spannend ist zudem der Lüftungsansatz beim bereits besprochenen Bürogebäude heads. Dort wurden erstmals in Menge und großen Stil Anlagen und Technik verbaut, wie man sie in Krankenhäusern findet. Die Luft wird dadurch noch reiner, die Übertragung von Krankheiten durch Aerosole minimiert. Gerade in Besprechungsräumen wird dieses Thema in einigen Jahren Standard sein.

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