»Mein Konzept heißt Kontext«, sagt Peter Ippolito. Weil der Farbe von Raum zu Raum andere Aufgaben zufallen. Welche das sein können, erklärt Peter Ippolito im Interview mit HÄUSER.

Keine Regeln für richtige Farben

HÄUSER | Februar 2018

Herr Ippolito, was Farbklänge angeht, trauen Sie sich was. Wie kommt man auf die Kombination aus Blau, Gold und Orange für ein Wohnzimmer?
PI: Wir probieren sehr viel aus. Moodboards und Materialmuster liegen manchmal tagelang auf den Böden unserer Büros, werden noch einmal verändert, wieder liegen gelassen. So lange, bis das Ergebnis stimmig ist.

Im Bruch liegt der Reiz – der Anreiz für etwas Neues

Wie gehen Sie bei der Farbauswahl genau vor? Gibt es Grundregeln, die man beim Kombinieren beachten sollte?
PI: Nein, es gibt keine Rezepte. Es wäre sogar fatal, bei der Farbgestaltung in Do‘s and Dont‘s zu denken. Denn im Bruch liegt der Reiz – der Anreiz für etwas Neues. Und genau diese Reibung ist wichtig, weil dadurch Nähe entsteht. Meist sind die Räume, mit denen man am meisten gerungen hat, dann die Lieblingsräume.

Und was halten Sie von Aussagen wie: Blau ist kühl? Oder: Rot macht aggressiv?
PI: Die Wirkung von Farben kann man nicht verallgemeinern, es kommt immer darauf an, wie und wofür man sie einsetzt: Ein rosa Sessel ist etwas anderes als ein rosa Logo. Eine blaue Wand etwas anderes als eine blaue Stunde.

Wie gehen Sie dann vor?
PI: Auf keinen Fall nach dem L‘art-pour-l‘art-Prinzip. Dafür können Farben zu viel. Als Fläche verleihen sie einem Zimmer Identität, als Akzent unterstützen sie die Wahrnehmungshierarchie im Raum. Und dann gibt es noch ihre emotionalen Aussagen. Sie können Erinnerungen wecken, überraschen, unterschiedliche Stimmungen erzeugen. Unser Farbkonzept heißt: Kontext. Wir setzen Räume und Oberflächen in Beziehung: grob gegen glossy, ornamentiert gegen pur. Und über alldem steht immer die Frage: Wie will sich der Bauherr darstellen?

Unser Farbkonzept heißt: Kontext

Könnten Sie diese Arbeitsweise an einem Beispiel erläutern?
PI: Nehmen wir das Wohnzimmer der Familie Benz. Es ist zwar ein privater Raum, aber gleichzeitig wird das Augenmerk auf den Beruf von Markus Benz gelenkt: Er ist Möbelhersteller, und so dominiert ein etwa 5,50 Meter langes Sofa den Raum. Wir haben es als Ausgangspunkt für unser Farbkonzept genommen. Der blaue Samt ist untypisch für die sonst eher natürliche Farbpalette der Firma Walter Knoll. Damit der Stoff nicht zu pompös wirkt, haben wir ihm als Wandfarbe ein Helles Wasserblau gegenübergestellt. Gleichzeitig unterstützen der dunkel gebeizte Boden und die goldfarbenen Flächen die hochwertige Haltung des Zimmers, wobei das Gold einen Tick zu kühl ist, um majestätisch zu sein. So zitieren wir Mondänität, interpretieren sie aber neu. Es ist ein Spiel mit Wertigkeiten. Im Ess- und Besprechungszimmer, das sich im Erdgeschoss befindet, haben wir auf ein ähnliches Prinzip zurückgegriffen. Da ließen wir uns von vertäfelten Räumen inspirieren: Das Taubenblau der Wände endet auf der Höhe einer klassischen Täfelung. Eine Anspielung auf die früheren Fabrikantenvillen.

Und welche Rolle hat das Orange der Säule?
PI: Die Stütze ist Bestandsarchitektur. Sie verbindet zwei Unterzüge, die sich rechts und links über die Räume erstrecken, und übernimmt eine tragende Rolle im Raum. Außerdem hat sie eine Art Gelenkfunktion zwischen Küche und Wohnzimmer. Ihre Bedeutung für den Raum wollten wir akzentuieren. Dass sie schließlich leuchtend orange wurde, entwickelte sich mit der Zeit.

Und warum tragen die Sockelleisten eine andere Farbe als der Rest des Raums?
PI: Sockelleisten setzen wir oft zurück, um ein Möbel leichter wirken zu lassen. In der Küche wird das durch das dunkle Blau noch betont.

Sie beziehen also auch die räumliche Wirkung von Farben in Ihre Farbkonzepte ein?
PI: Ja, das wird vor allem bei der gefalteten Decke im Wohn- und Küchenbereich deutlich. Sie wirkt viel plastischer, als sie in Wirklichkeit ist. Das liegt daran, dass wir den räumlichen Eindruck mit unterschiedlichen Graunuancen verstärkt haben, statt sie ausschließlich weiß zu streichen.

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